Die motorsportarme Zeit…. mein Rallyeeinstieg

1975 Braunschweiger ATC – Treff

Der Zufall führte mich an der Tankstelle von Jürgen Behrens vorbei. Freitag, Nachmittag und die Werkstatt sollte langsam zugeschlossen werden.

Ein Bayer schraubte an einem NSU TT, ich neugierig und meine Fragen wurden ruhig beantwortet. Der Tankwart, Friedel Meyer schaute mehrfach vorbei und fiel durch seinen Humor auf.

Im Hinterhof versammelten sich mehr und mehr “bunte Autos” und deren Fahrer trugen hellblaue und dunkelblaue Jacken. Thema , Rallyefahren am Samstag. Hier versammelten sich die BATC Mitglieder und besprachen sich für die Rallye am Samstag.(Knesebeck??? )

Nach einigen Flaschen Bier war der offizielle Teil (wer fährt, wann treffen) besprochen.

Ich nachgefragt, ob ich hinterherfahren und mir das anschauen dürfte. Es war ja Neuland, keine Ahnung von dem was dort besprochen und bedeutet hat. Es wurde ein angenehmer Abend und das Du wurde angeboten. Eines stand fest, Fußballspielen ist langweilig, Motorsport und Aktion in der Zukunft.

Motorsport war erst dann Thema, als ich beim Fußball eine schwere Verletzung erlitten hatte. Kein Fußball, viel Zeit.

Also Samstag um 6 Uhr aufgestanden und zu früh am Treffpunkt: Tankstelle Jürgen Behrens.

Langsam treffen die Clubkollegen ein, eine Spannung war zu spüren. Ich hielt mich zurück, wollte nicht stören. Ich blieb, neugierig.

Erste Rallye

Dann kam Henning Busch, der wohl schnellste der Truppe, mit seinem Audi 80 GTE. Der Anblick, geil. Henning noch locker. Jürgen, sein Beifahrer schließt die Tankstelle auf und wirkt verstört. Dann tritt seine Frau auf den Plan. Aha> Arbeit geht vor. Jürgen fiel als Beifahrer von Henning Busch aus und ich kam unverhofft zum Beifahrereinsatz, ohne jegliche Vorkenntnisse. Henning sieht mich und fragt mich, ob ich sein Beifahrer sein möchte. Ohne nachzudenken, sagte ich ja, ohne zu wissen, was von mir verlangt wird. Henning beruhigte mich, gab mir die Clubjacke zur Beruhigung.

Stolz nahm ich Platz. Zum erstenmal Hosenträgergurte, zum erstenmal in einem Schalensitz. Henning erklärte mir auf der Fahrt zum Startort was eine Bordkarte, was eine Chinese ist. Worauf ich beim Stempeln achten muss, Stoppuhr, Tripmaster, Bedienung. Ich war aufgeregt, wusste nicht, was mich erwartet und wie Henning fährt.

WP 1 lief super, Henning ließ fliegen und die Zeit war wohl so gut, dass Henning nur noch grinste. Ich schielte mal während der WP auf seinen Tacho, 180 Sachen , gut so. Nach der Rallye war Henning sehr zufrieden und bedankte sich, nicht ahnend, dass er mich damit infiziert hatte.

NSU ERFAHRUNG

In den nächsten Monaten kletterte ich in mehrere Fahrzeuge, Simca, Opel Kadett und sammelte Erfahrung. In meiner Freizeit bat ich Jürgen, mir auf meinem NSU zu zeigen, was ich mit der Handbremse alles anstellen kann, wenn man schnell genug ist. Jürgen war wohl sehr gut, beeindruckte mich mit Handbremswende vor einer Mauer, Rechtsknick in der Feldmark.

Just in zu dieser Zeit (1974) war ein gewisser Walter Röhrl auf Opel Ascona A Europameister geworden. Das interessierte mich.

Ich fuhr jedes Wochenende zu einer Rallye, ja das war damals so. Als Service Helfer, Streckenposten oder auch nur als Zuschauer. Die Nächte auf dem Acker bei jeder Witterung sind nicht mehr zu zählen. Es roch immer so gut, wenn die Fahrzeuge vorbeischruppten, nach Öl (Mobil war der Hammer), nach Reifen, Bremsen, kurz, es war einfach geil.

Mittlerweile dem BATC beigetreten, lernte ich die unterschiedlichsten Typen kennen. Unter anderem auch Rolf Blaschke. Rolf, Student, wusste so ziemlich alles über Regeln, Veranstaltungen usw.. Er konnte immer Antwort geben. Damals fuhr er schon mit einem Käfer!!!

Erster Slalom mit Winterreifen gefahren, erster Versuch im Orientierungssport (ging daneben). Also üben,üben,üben. Der NSU hielt viel aus, aber nicht über längere Zeit.

Zu diesem Zeitpunkt fuhr ich den roten NSU. Beim Üben mit dem NSU, ohne Käfig, ohne Hosenträgergurte, ohne Schalensitze, ohne Kopfstütze passierte dann das Übel. Ich überschlug mich.

Nichts passiert, außer, der Wagen sah schrecklich aus. Schnell vom Unglücksort weg und innerhalb kurzer Zeit wieder hergerichtet. Dach abschneiden, neues Dach drauf schweißen und Lampen dran.

Ascona A

Im Hinterkopf bereits auf Ascona A gepolt, besorgte ich mit Bügel, Schalensitze, Gurte, Lampenbügel, Twinmaster, Bilsteindämpfer und fette Cibie.

Dann kam der Tag; Mittwoch neues Auto aus dem Verkaufsraum geholt, in 2 Nächten unter Mithilfe von Clubkameraden alles umgebaut. Opel Ascona 19 SR mit 90 PS. Das Ergebnis sah gut aus. Sperre, was ist das? Bei Harald lag ein Irmscher Katalog, viele Motortuning/-fahrwerkteile zu Preisen, die mich erstmal zu der Erkenntnis brachten, es muss auch ohne gehen. 90 PS muss reichen.

Nur ist das so, der Sound, die Beschleunigung, Sperre fehlten dann doch. Ein Ereigniss brachte mich zum Grübeln; ein befreundeter Opelfahrer aus Gifhorn, mit ihm bin ich 2 Jahre morgens mit der Bahn nach Braunschweig zu Siemens gefahren, wollte mir die Vorzüge der Sperre vor der Tankstelle von Jürgen zeigen. Er gab richtig Gummi und ließ die Kupplung fliegen, das Heck kam herum und er zerstörte sich die Hinterachse durch nschlagen an einem erhöhten Bordstein.

 1976 RSC

Samstag, 1. Rallye mit dem neuen Auto, neuer Beifahrer (Harald Staude), Startnummer 1 !!!!

Natürlich war die Veranstaltung eine Katastrophe für uns. Ich, voll motiviert, gebe Gas und winke am Straßenrand auf Stühlen, an einem Tisch sitzenden Leuten zu und gebe Gas, der Bahnübergang war Probe.

Am Start zur WP 1 die Frage vom Starter, warum wir keinen ZK Stempel haben? Harald und ich gucken uns an. Hast du was gesehen? Da saßen welche am Tisch…..

Also zurück und Stempel geholt. WP läuft gut an, ich gebe Gas, wundere mich, warum andere so vorsichtig fahren. Ich merke sehr schnell warum, meine Cibie Einsätze suchen das Weite. Harald und ich vertun uns ab und zu mit Links und Rechts, folglich landen wir im Graben. Kühler defekt. Aus und vorbei.

Der Hang zu Größerem

Das geht anders. Durch Harald inspiriert, du brauchst mehr Leistung (Gruppe 1), machte ich mich auf den Weg nach Gifhorn, Gustl Brusch war erste Adresse. Bekannt für saubere (gutes Tuning) Arbeit und als Rallyefahrer hatte er bereits einen Namen in Deutschland.

Motor sollte Gruppe 1 getunt werden, 102,5 PS, waren möglich (andere Nockenwelle und der Doppelvergaser vom Rekord Sprint, andere Dichtung, Planschleifen). Ein Blick auf die Preise, ließen mich schlucken, monatlichen Verdienst damals 750 DM,

Tuning-Maßnahme für 1600 DM machten klar, sparsam leben, keine Disco, kein Alkohol. Aber die Vorstellung, dass das Auto getunt dann war und der Nagel saß ja tief, ließen keine andere Entscheidung zu, Gustl sollte machen.

Was herauskam, war Spitze. Der Motor lief deutlich besser, drehte und hatte mehr Kraft, so könnte es gehen. Ach ja, eintragen sollte die Veränderung auch, aber keine Zeit dazu. Ich bin bis zum Verkauf nach 4 Jahren mit dem Auto gefahren, ohne das TÜV, Polizei oder Abnahmekommissar je etwas bemängelt haben.

Wir starteten auch bei der ELM-Lappwald Rallye. Geile Veranstaltung.. Ich fuhr als Beifahrer auch bei Brandert im BMW mit Wir wechselten uns beim Fahren ab. Brandert sauschnell und WP Bestzeit auf Asphalt und ich z.B. Havelse im Sand gefahren.

Krönung war mit Harald das Abschneiden bei der Rallye in Hildesheim (navc, 250 km) bei Nacht und Nebel. Rolf organisierte den Service, hatte Pläne gemacht. Im Parkhaus standen 175 Teilnehmer. Gestartet wurde erst im Dunkeln. Rolf hatte uns Teams seine Pläne erklärt und wir hatten noch etwas Zeit. Harald rauchte, damals etwas mehr (ich Nichtraucher) , sollte wohl beruhigen.

Wir gingen zum Auto. Rolf hatte gesagt, checkt nochmal alles durch. Bordkarte fehlt!!!

Ich zum Veranstalter und versucht dem klarzumachen, wir haben keine bekommen. Harald rannte das Parkhaus hoch und runter. Noch 10 Minuten bis zum Start über die Startrampe in der Fußgängerzone. Wir wussten nicht mehr weiter, erste Resignation machte sich breit.

Da kam ein Teilnehmer zu uns und hatte unsere Bordkarte gefunden. Danke, rein in den Schalensitz, anschnallen und los. .

Am Start zur WP, im Bundeswehrgelände, stockdunkel, Wir mussten noch 5 Minuten warten, ich drehte den Lichtschalter auf Standlicht und wartete, Harald musste noch eine Rauchen. Noch eine Minute bis zum Start, Anspannung stieg, Motor an, Motor lief, da aber der Startbereich ausgeleuchtet war, fiel mir nicht auf, das der Lichtschalter auf Standlicht steht, folglich war nach dem Start so gut wie nichts zu sehen. Sch>., Diagnose (Sicherung raus).

„Harald ruf den Service an , die sollen mit Sicherungen warten.“ Harald: „fahr…“

O.K., ich gab Gas. Quer um die Kurven. Matsch, Wellen (Panzer fahren sonst hier), egal. Harald schaute hoch und gab mir zu verstehen, bescheuert zu sein, so zu fahren. Auf einer Geraden drehte ich noch mal am Schalter und siehe da, es wurde Licht. Alle 6 Lampen an. Geht doch. Adrenalin wieder senken und weiter.
Was wären unsere Fahrten ohne diese Erlebnisse?? Wir waren damals fast jedes Wochenende zu einer Rallye unterwegs, ob als Fahrer, Beifahrer, Streckenposten, Service oder nur zum Schauen und das vorwiegend Nachts!!!!.

Geile Zeit! Einige im Club spezialisierten sich als Beifahrer ( Dirk H., Peter K.) als Schrauber ( Tommi J.aus Vechelde) und andere gaben einfach fürchterlich Gas. Einige hatten viel Geld und andere sehr wenig, aber uns einte der Rallyesport!!!!

Gruß Werner Gnad

Anmerkung:

2011 erfüllte sich Werner seinen Traum vom Breitbau

Ascona A (Gruppe 2).