Die motorsportarme Zeit …

…findet bedingt durch Corona momentan nicht nur in der Wirklichkeit statt, sondern wegen der fehlenden Neuigkeiten auch auf unserer Internetseite. Dies wurde auch unter anderem am vergangenen Dienstag anlässlich der Telefonkonferenz der RGO-Vorstandsmitglieder festgestellt.

Da in näherer Zukunft sich daran auch nichts ändern wird, hatten wir die Idee – wie bereits seit einigen Wochen auf unserer Seite zu sehen – auch weiterhin über alte und ganz alte Veranstaltungen (und ebensolchen noch älteren Leuten) zu berichten und auch Fotos einzustellen. Da ich (Rainer) zwar keine alten Berichte aus Zeitungen oder Motorsportmagazinen besitze (habe ich vor vielen Jahren alle entsorgt), aber einen recht großen Schatz alter Bilder aus Karolas und meinen Anfangszeiten im Motorsport verfüge, möchte ich in lockerer Folge über unsere motorsportlichen Anfänge berichten. Etwas Text solle auch dabei sein, sagte man mir. Etwas Text geht bei mir offensichtlich nicht, ist dann doch etwas mehr geworden 😉

Damit dies aber auf Dauer nicht zu langweilig wird (immer nur dieselben Autos und Gesichter), würden wir Vorstandsleute auch gerne Fotos mit Text von anderen Clubmitgliedern auf die RGO Seite wiederfinden. Einfach schöne Fotos und interessante Berichte an Dieter & Dieter (Jäkel +Voß) schicken, hier wird euch geholfen; muß ja nicht so viel Text sein wie bei mir!

So fing alles an …

Dementen Leuten sagt man ja nach, dass sie sich sehr gut an Vorfälle aus ihrer Jugend erinnern würden. Beim Schreiben dieses Berichts bin ich schon sehr erschrocken, wie minutiös genau ich noch vieles aus dieser längst vergangenen Zeit zu berichten weiß!

Ende der sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts (ja, ich hatte damals schon einen Führerschein!) brauchte ich für meinen Opel Rekord A, Bj. 63, welcher zu einem Drittel mir und zu zwei Dritteln meinen Eltern gehörte, mehrmals im Jahr neue Gürtelreifen. Ich entschied mich für Kleber V 10 der Größe 165-13“, damals ein beliebtes Fabrikat unter Motorsportlern. Mein Vater konnte gar nicht begreifen, dass diese immer nur maximal 5000 Kilometer hielten. Da er selber nie einen Führerschein besaß, erkundigte er sich bei seinem Schwager, wie viel Kilometer er mit einem Satz fahren würde. Onkel Werner schaffte die zehnfache Fahrstrecke mit einem Satz! Na ja, immerhin hatte mein Opel ja auch satte 55 PS! Später entschied ich mich für den Michelin XAS, der hielt dann länger (sagenhafte 8000 Kilometer!). Ich muss allerdings dazu sagen, dass mich in den ersten zwei Jahren nach der Führerscheinprüfung nie jemand überholt hatte (außer auf der Autobahn), ich ließ es einfach nicht zu. So kam dann auch die geringe Kilometerleistung der Reifen zustande, da ich immer alles ausreizte, was das Auto hergab.

Vierzig Jahre später ist mir dieses Phänomen nochmals begegnet – auch mit einem Opel, jedoch einem Corsa, lediglich mit 45 PS, allerdings hieß der Driver jetzt Adrian. Na ja, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm (oder Pferd).

Meine Kleber V 10 kaufte ich damals in Solingen bei Eurasia Import/Export. Hörte sich an wie ein Weltunternehmen, hatte aber nur 2 Angestellte und residierte in einem Hinterhof in der Kullerstraße, später zog die Firma in die Burgstraße um. Sicher erinnern sich meine Orikollegen Gebrüder Flender und „Hüppes“ Martin auch noch an diesen Reifenladen. Mittlerweile existiert dieser Handel schon lange nicht mehr.

Einer dieser Angestellten, Rolf Norbisrath, war motorsportlich interessiert und hatte seinerzeit immer Ausschreibungen für motorsportliche Veranstaltungen dort ausliegen. An jenem Tag fand ich dort eine Ausschreibung zur 5. Orientierungsfahrt 1971 des MSF & MCA Solingen vor. Meine motorsportliche Karriere fand hier ihren Anfang.

Die Ori des MSF&MCA startete bei der früheren Firma Hanse, neben dem Hauptgebäude gab es eine WP für Punktegleichheit. Fuffzig Meter bergab, eine Wende und wieder fuffzig Meter bergauf. Mein Fiat 125 S hatte sagenhafte 100 PS, für damalige Zeiten abartig viel. So setzte ich auch gleich die Bestzeit, was mir aber nichts nutzte, weil wir – mit meinem Freund Reinhard auf dem heißen Sitz – auf der Orientierungsfahrt im früheren Rhein-Wupper-Kreis zeitlich adW gingen. Auch für die beste WP-Zeit gab es nichts. Reinhard wurde es schlecht, er ist auch nie mehr mit mir Ori gefahren.

Meine erste Fahrt 1971 auf Fiat 125S bei den Motorsportfreunden Solingen/Motorsportclub Aufderhöhe

Auf dem Foto sieht man links als Starter Wilfried Schaaf, seinerzeit einer der besten Oribeifahrer Solingens, welcher später beim AC Solingen mein Clubkamerad wurde (nein, ich war nicht immer in der RGO!).

Wie der Fachmann auf dem Foto unschwer erkennt, fuhr ich jetzt nur noch Michelin XAS.

Nach dieser Fahrt in Solingen habe ich dann mehrere Jahre pausiert, bis Nachbarsjunge Ewald Sadowski seinerseits mit Ausschreibungen auftauchte. Er fuhr einen Rallyekadett und war dem MSC Bergisch Land in Witzhelden beigetreten, seinerzeit hatte dieser Club über 100 Mitglieder. Ich machte den Beifahrer, es sollte nicht mehr passieren, dass wir die Zeit nicht schafften, weil es dem Beifahrer nicht gut ging.

Mir wurde es schon früh während der Fahrt speiübel, wir kamen zwar in Wertung an, aber uns fehlten viele Kontrollen, weil ich Ewald die kleinen Ecken und Fiesheiten gar nicht mehr ansagte. Es ging mir am besten, wenn ich ihn nur rollen ließ, möglichst geradeaus und nur nicht anhalten!

Von nun an machte Ewald den Beifahrer. Mein Fiat 125 S war jetzt gerade 3 Jahre alt, als wir in Burscheid an der Fahrt des MSC Kolbenring teilnahmen. Der Verein hieß so, weil der Sponsor die Fa. Goetze Kolbenringe war, heutige Federal-Mogul.

Die Ori fand im Winter statt. Bei nassem Wetter sind wir am späten Nachmittag gestartet. Wir durchfuhren den Rhein-Wupper-Kreis komplett bis Radevormwald und zurück. Es blieb nass. Dass die Nässe gefroren war, bemerkte ich erst am Flugplatz in Uelfe III bei Radevormwald. Das mit dem Flugplatz nahm ich dann zu wörtlich, in einer Fünfer-Kurve kam das Heck rum, gegenlenken brachte nichts, der Fiat rutschte quer über die Straße, ca 90 Grad zur Fahrtrichtung. Drei Begrenzungspfähle flogen fort pengpengpeng, dann kam ein Baum. Genau mittig traf ich ihn. Der Baum stand danach ganz schräg, der Fiat war krumm wie eine Banane, fuhr aber noch. Wenn man nicht lenkte, fuhr er große Kreise.  Das gefährlichste war das Aussteigen, sauglatt war es. Außer einer Prellung an meinem linken Ellbogen fehlte uns aber nichts, ganz Gentleman traf ich den Baum höflicherweise auf meiner Seite. Wir hatten damals auch noch keine Gurte, der weg knickende Baum hatte wohl den Aufprall gemildert.

Auf dem Heimweg sahen wir noch 3 Glatteisunfälle, aber keiner war so schlimm wie meiner. Zuhause bei meinen Eltern war danach super Stimmung, drei Tage lang. Anstatt sich zu freuen, dass der Junge noch lebt! Den Rest des Fiats hat damals ein Holländer gekauft, für 700 Mark. Er wollte das Auto wieder richten und weiterverkaufen. Heute noch hat die Allee oberhalb des Flugplatzes in Uelfe III eine Lücke.

Ich trat jetzt auch dem MSC Bergisch Land bei, viel später wurde ich dann dessen 1. Vorsitzender. Jahre danach wurde der MSC unter meiner Herrschaft aufgelöst. Achtung RGO, aufgemerkt, mich bitte niiie als 1. Vorsitzenden wählen!

In der autolosen Zeit suchte ich nach neuen Fahrern. Karola hatte eine Schulkollegin, deren Freund hieß Lothar. Dieser Lothar – viel später wurde er mal Direktor von Toyota Deutschland – fuhr zu jener Zeit aber einen frisierten Manta A mit Doppelvergaseranlage, genau das richtige Fahrzeug für die nächste Orientierungsfahrt. Wir wussten nur, dass er viel Sprit brauchte, sehr viel. Start und Ziel war, so glaube ich, wieder in Burscheid und es ging wieder in den alten Rhein-Wupper-Kreis. Nach 80% der Strecke ging die Reserveleuchte an und abends hatte damals keine Tankstelle mehr auf. Wir waren gezwungen, einen Umweg zu fahren, ansonsten wären wir trocken gefahren. Einige Kilometer von der Idealstrecke entfernt wohnte mein Schwager, der hatte einen vollen Reservekanister zu Hause, den liehen wir uns aus für alle Fälle. Weitere 2 Kilometer weiter wohnte ich, mein 5 Literkanister Super wurde in den Manta entleert. Mit reichlich Karenzzeit schafften wir es ins Ziel, alles wurde gut. Wir haben dann errechnet, dass der Opel um die 35 (in Worten: fünfunddreißig) Liter auf 100 Kilometer verbraucht hat, so ein durstiges Auto habe ich später nie mehr kennen gelernt!

 

Karolas erstes Auto wurde nie angemeldet, weil es nicht die TÜV Untersuchung bestand!

Als Karola, die damals noch Jäger hieß, den Führerschein machte, bekam sie einen VW Käfer für 200 Mark (die rechts auf dem Bild ist Karola, das Motorrad links gehörte meinem Schwager). Der VW kam nicht durch den TÜV, er hatte 14 Mängel. Er wurde durch einen neuen Käfer mit TÜV ersetzt, dieser war vom Autohaus Johann in Wermelskirchen und kostete 600 Mark. Als er verschlissen war, bekam Karola einen Fiat 850 N mit 34 PS, er hieß bei uns „der Lütte“, wir hatten ja weder Haustier noch Kinder.  Als sie zwanzig wurde, beschenkte ich sie mit einem Satz Marshall Fernscheinwerfer, wir waren beide sehr glücklich! Es war die kleinere Ausführung, sie sollten ja an den Fiat 850 passen. Heutzutage würden die jungen Dinger einen bei so einem tollen Geschenk vom Hof jagen, es müsste mindestens ein goldenes Geschmeide sein, oder besser noch das neueste Handy von Apple, mindestens so groß wie ein Frühstücksbrettchen! Meine Karola war aber sehr bescheiden.

Ori Motorsportfreunde Solingen am 7. Juni 1975

Unsere erste gemeinsame Ori war am 7.Juni 1975 beim MSF Solingen, auf diesem Foto (oben) hat der Fiat noch keine Eurasia Werbung, auf den späteren Fotos ab 1976 schon. Daran kann ich ganz gut einschätzen, von wann die Fotos sind. Im Spätsommer des Jahres nahmen wir noch an der Zöppkesfahrt in Solingen teil. Diese Veranstaltung gibt es heute immer noch.

Ab 1976 hatten wir dann den besagten Sponsor. Ganz stolz waren wir auf die Eurasiawerbung, wir bekamen dafür einen Sonderrabatt für Teile und Reifen, der gar nicht mal so schlecht war.

Ori MSC Paffrath auf der WP Gronauerwald

Unsere erste Fahrt 1976 hatten wir beim MSC Paffrath am 13. März. Das Foto zeigt uns auf der WP in Bergisch Gladbach OT Gronau, es war eine recht schlimme Strecke mit vielen Löchern. Später, als wir im AC Solingen waren, haben wir diese WP auch öfters fahren lassen. Man bekam das Gelände, auf dem mal eine Umgehungsstraße geplant war , zur Befahrung stillschweigend von der Kreisbehörde toleriert, es war praktisch Niemandsland im Besitz des Landes NRW. Wir durften aber nie erwähnen, dass der Tipp von der Behörde selbst kam. Wie man auf den Fotos unschwer erkennt, wurden so kurze Bestzeitprüfungen damals noch ohne Helm gefahren. Anmerkung Adrian: Die Straße wurde nie gebaut. Man sieht aber noch den geplanten Verlauf auf Luftbildern von google maps. Links und rechts der Markierung kann man einen grünen Korridor erkennen.

MSC Heiligenhaus 1976 war früher eine der schwierigsten Oris überhaupt

Ende März starteten wir in Heiligenhaus. Oft wurde bei der Heiligenhauser Fahrt ein schlimmes Gelände in Untereschbach für die Wertung bei Punktegleichheit gefahren. Es gehörte wohl der ehemaligen Blei-, Kupfer- und Zink-Bergbaugesellschaft, welche bis Mitte der 70er Jahre in Overath-Steinenbrück tätig war. Auf dem Gelände, das ein großer Wall umgab, war es immer sehr schlammig. Zudem war es eng mit Flatterband abgesteckt, nichts für große und starke Autos. So ziemlich jeder Orisportler ist auf diesem Terrain früher schon mal gefahren und hat es verflucht. Dort hatte Karola es tatsächlich geschafft, mit dem schwächsten Auto im Feld die Gesamtbestzeit zu fahren! Der kleine Hecktriebler (Motor hinten) und wenig Leistung (34 PS, keine durchdrehenden Räder) war wie geschaffen für eine solche WP.

Ori MSC Altenkirchen 1976 bei Hitze und Staub

Neben der Bergischen Meisterschaft hatten wir auch den Rheinlandpokal genannt. Deshalb starteten wir auch beim MSC Altenkirchen am 7. August 1976. Es war sehr staubig und der kleine Fiat bekam Hitzewallungen, hielt aber durch. Die Fahrt ging in die Nacht hinein und fand zum Großteil im Wald statt, heißt ja auch Altenkirchen/ Westerwald. Ich erinnere mich an eine Situation, wo wir mitten im Wald im Dunkeln auf eine Lichtung trafen, auf der sich ein Dutzend Teilnehmer einfanden und nicht mehr weiterwussten. Auf dieser Lichtung gab es gut ein halbes Dutzend Ausfahrten und wir wussten nicht, aus welchem Weg wir gekommen waren. Da wir weder Tripmaster noch Kompass hatten, nahmen wir den Weg, in dem die Meisten verschwanden. Irgendwann fanden wir wieder in die Karte hinein und erreichten wirklich erschöpft das Ziel. Von über 160! Startern wurden wir 111ter. Wir waren trotzdem sehr zufrieden, es war eine tolle Fahrt! Ewig hielt der kleine Fiat auch nicht, die wurden früher ja nie älter als sechs Jahre.

Im nächsten Bericht schreibe ich dann, wie es mit einem stärkeren 850 sowie mit einem Simca Rallye II weiter ging.

Danke, dass ihr bis hierhin durchgehalten habt,

Gruß Rainer Witte