Rallye Monte Carlo ohne Col de Turini

Nachbericht Rallye Monte-Carlo Historique (01.-06. Februar) von Fabian Mohr

Es war unsere (Team Rolf Droste / Fabian Mohr) erste Teilnahme an der berühmt-berüchtigten Historique.

Die Männer-Monte! Nix für schwache Nerven. Nix für Anfänger. So lauteten im Vorfeld viele Parolen. Gereicht hat es aber nicht, um Rolf und mir den Gedanken einer Teilnahme auszutreiben.

Aber alles der Reihe nach.

Unser Werkzeug: Opel Kadett C-Coupé. Typisch in gelb-weiß steht er in seiner Evolutionsstufe als GT/E bereit. Vorbereitet? Aber sowas von! Winter-tauglich? Jap! Leistung? Hat’er! Reifen für jede Gelegenheit? Hat’er jetzt auch! Arbeitsplatz für den Co? Wie aus dem Lehrbuch!

Der Kutscher: Droste, Rolf. Wie im Vorbericht schon erwähnt ist er auf Rund- und Rallyestrecken zu Hause. Da fehlte eigentlich die Teilnahme an “Der Monte” irgendwie zwangsläufig. Das Gegengewicht: Ein mit Rallye-Erfahrung geprägter, junger, dynamischer Copilot.

Die Entscheidung zur Teilnahme fiel endgültig während des OGP 2018. Rund 6 Monate vor dem Startschuss. Eine Menge Zeit, möchte man meinen. Aber die Vorbereitungen verschlingen wirklich viel. Von allem “viel”!

Unser Motto: Wir fahren einfach!

Für uns stand von Anfang an fest, dass wir uns von erfahrenen Teilnehmern anlernen lassen müssen. Schließlich gibt es eine Menge von Monte-Eigenheiten.

Keine Startplatz-Garantie bei Abgabe der Nennung. Welchen Start-Ort nimmt man. Welche Reifen braucht man. Bordbuch muss man sich selbst beschaffen. Schlimmstenfalls noch zur Aufklärung ein paar Wochen vorher zur sog. RECCE runter fahren. Ein persönliches Service-Team ist schon fast obligatorisch. Und und und.

Als Teil des HRRT Teams haben wir sehr schnell neue Kontakte knüpfen können. Und an dieser Stelle bedanken wir uns überaus für den wirklich herzlichen Empfang im Team und die stets tatkräftige Hilfestellung vor und während der Veranstaltung. Eine professionelle Team Organisation. Das Vortreffen Anfang Januar hat letzte Unklarheiten beseitigt. Fein-Tuning auf hohem Niveau. Bis dahin waren wir bereits in Besitz von Spikereifen, Bordbuch, Crisartech und co. Grundausstattung? Check!

Benzingespräche bekamen hier nochmals eine neue Dimension.  “Auf ZR14 brauchst du eigentlich bis Kilometer 14 einen Aufschrieb. Und am Col Echarasson brauchst du ohne Spikes gar nicht erst losfahren. Und zwischendurch musst du es eh laufen lassen.” Letzte Zweifel beseitigt? Naja. Wohl eher, ob wir wirklich gut vorbereitet sind? Heute, mit etwas Abstand betrachtet, haben wir überhaupt gar nichts in der Vorbereitung versäumt. Auto gut! Ausrüstung gut! Stimmung gut! Was will man mehr.

Es geht los. Freitag, kurz nach 14 Uhr. Bad Homburg ist unser Startort.

Die erste Etappe führt uns zusammen mit knapp 30 weiteren Startern aus ganz Europa zunächst nach Langres. Irgendwo zwischen Nancy und Vittel. 450 Kilometer. Autobahn. Die erste Zeitkontrolle wird 11 Stunden später dort zu absolvieren sein. Zeit genug, noch für 4 Stunden ein Hotel aufzusuchen und zumindest ein wenig Augenpflege zu betreiben. Schließlich geht es anschließend die ganze Nacht hindurch bis zum Samstag Mittag zum Ende der Konzentrations-Etappe. Jenem Punkt in Buis-le-Baronnies, wo es ernst wird. Nach dem Einbau der GPS-Messgeräte des Veranstalters folgt sogleich die erste Wertungsprüfung. ZR1. Mit über 50km Länge und einer maximalen Höhe von mehr als 1.200 m über Null zeigt die Rallye direkt sein ehrliches Gesicht. Der Frequenz des Team-internen Nachrichten-Verkehrs verhält sich nun proportional zur Anspannung im Auto. Nur schwer vorstellbar, dass einem selbst als “alter Hase” mit zig-fachen Monte-Teilnahmen in diesem Moment eine absolute Tiefenentspannung gelingt. Die ersten Meldungen von vor uns gestarteten erreichen uns. “Ab dem Col bei Kilometer 11 geschlossene Schneedecke. Bergab sehr glatt. Einige Autos havariert. Den Schnitt haben wir erst einige Kilometer später wieder gehabt. Viel Glück!”

Oh man, Rolf. Was geht denn bitte da ab?

Okay. Konzentration. Schnitt: Irgendwas über 47. Zur Einstimmung für alle gleich, hieß es zuvor im wirklich hilfreichen Team-Chat. Gleich-niedrig für alle. Zurück zu unserem Motto. Wir fahren einfach. Rauf auf die Piste. Maschine, Besatzung und Instrumente funktionieren.  Und zwar einwandfrei. Das Wetter wird schnell schlechter und schlechter. Ab dem bereits angekündigtem Gebirgspass auf 1200 Meter ging nix mehr.

 

Zuschauer und Teilnehmer behindern sich gegenseitig. Ein einziges gerutsche und gehupe. Der Rückstand auf die Idealzeit hat sich ganz schnell auf viele Sekunden angehäuft. Ganz viele Sekunden. Irgendwann bergab und in Richtung Tal wandelte sich das schnee-weiß wieder zurück in ein grau-grün. Der Schnitt war bald wieder eingeholt. Aber die erste Kostprobe der Historique hat wirklich gesessen und Eindruck hinterlassen.

Obwohl Crisartech und co die Arbeit im Cockpit sicherlich vereinfachen ist es aber auf keinen Fall eine einfache Aufgabe, hier und jetzt auf null zu fahren.

Die zweite und für heute auch schon letzte Sonderprüfung war dann verhältnismäßig angenehm. Kein Schnee und gut zu fahren.

Die obligatorische Zeitkontrolle in Crest entpuppte sich kurzerhand als zweistündigen Aufenthalt. Genau das Richtige für über 650 Rallye-Verrückte, die seit deutlich über 30 Stunden dem Abenteuer Historic frönen. Zwei-drei Kaffee aus dem nahegelegenen Bistro später geht es dann endlich zum Etappen-Ziel nach Valence. Es ist mittlerweile schon wieder dunkel. Aufgrund von angekündigten “Gelbwesten-Demos” im Zentrum von Valence musste das Rallye-Zentrum kurzerhand zum Stadion am Stadtrand verlegt werden. Alles in Allem eine recht reibungslose Organisation, wenn man berücksichtigt, dass der Veranstalter nur wenige Tage Zeit dafür hatte.

Die Benzin-Gespräche am Abend waren dann auch eher kürzerer Natur. Die Anziehungskraft der Matratze war in diesen Tagen doch allzu übermächtig.

Nächster Tag. Sonntag. Bei uns hat sich schon so etwas wie das verloren gegangene Zeitgefühl eingeschlichen. “Warte mal, wir haben heute doch…..! Ähm ja, genau, es muss Sam….! Nein halt. Sonntag. Genau.” Heute geht es nach Westen raus. Gleich zuerst steht die längste Prüfung mit über 55 Kilometer Gesamtlänge an. Auf der Anfahrt läuft der Team-Chat schon fast über vor neuen Meldungen. Aber in einem sind sich alle vor uns gestarteten einig: “zwischendurch verdammt rutschig und gespickt mit Schnee-Verwehungen; passt bloß auf. Und es gilt Schlechtwetter-Schnitt”. Ups! Schlechtwetter-Schnitt. Dann scheint es wirklich nicht lustig zu sein. Der AC Monaco ist hinlänglich nicht als zimperlicher Veranstalter bekannt.

Die ersten wenigen Kilometer nach dem Start schlängeln sich in engen Kehren und Serpentinen steil den Hang hinauf. “Gas geben, richtig Gas geben!”, so hieß die klare Ansage aus der Mannschaft am Abend zuvor. Naja. Das haben wir, also Rolf, dann auch beherzigt. Stoppuhr und Crisartech mal links hingehängt. Und einfach nur Druck! Wir könnten an dieser Stelle auch aufhören zu erzählen. Aber dann wäre es nur halb so witzig. Also: wir in gut-gemeinter “quer-geht-mehr-Manier” den Berg rauf. Spikes waren montiert.  Aber egal. Kilometer zwei, drei, vier. Baam, baam, baam! Und weiter! Und schwupps! Stehen da auf einmal 14 Sekunden auf dem Display. Und zwar Vorzeit! Zu schnell! Die wirklich extrem vorsichtige Frage von Rolf (ich glaube, er hat sogar inmitten eines Driftes gefragt) kam da schon etwas verwirrend an: “Ähm, entschuldige die Frage: Aber meinst du, dass der Vorsprung jetzt ausreicht? Wann soll das schwierige Stück denn nun kommen?” Wenn in genau diesem Moment ein Fotograf des Weges gestanden hätte…. ! J

Nein, das schwierige Stück lag bereits hinter uns. Also es war schwierig. Keine Frage. Aber machbar. An diesem Punkt stand aber leider kein Fotograf. Uns hat hier nur eins erwischt. Die Tripy-Messfalle des Veranstalters. Im Nachhinein betrachtet sogar fast ein wenig Glück, dass wir nicht disqualifiziert wurden (20% schneller als Idealzeit = Wertungsverlust!).

 

Auf der langen Prüfung mit vielen Höhenunterschieden wechselte sich das Wetter wie angekündigt sehr häufig ab. Ein weiteres, sehr attraktives Kapitel in unserem Historique-Debüt.

Am Ziel der Prüfung dann die Überraschung. Die für diesen Tag geplanten 3 weiteren Prüfungen werden aufgrund von zu schlechtem Wetter annulliert. Wow! Dann muss es dort draußen wirklich heftig sein. Okay. Hilft alles nix. Also auf nach Saint-Agrève. Warum der Veranstalter auch hier nicht von seinem ursprünglichen Zeitplan abweicht muss man nicht verstehen. Jedenfalls stehen alle Teilnehmer im kleinen Ort über 2 Stunden lang bei Schneefall vor der Zeitkontrolle um anschließend zur nächsten Zeitkontrolle in Tournon (kurz vor Valence) zu fahren, nur um dort erneut 2 Stunden auf die Weiterfahrt warten zu müssen. Ende Tag 2. Spannend, aber irgendwie doch nicht.

Tag 3. Montag. Der berühmt-berüchtigte Col de l’Echarasson.

Was hat man im Vorfeld nicht alles über diese eine Prüfung gehört, gelesen, gesehen. Ein wahrer Angst-Gegner. Die Anfahrt? Tief-verschneit. Ein kleiner Vorgeschmack. Dass die Prüfung aufgrund von Bauarbeiten der umliegenden Strecke geräumt und damit komfortabel befahrbar sei stellte sich schnell als Irrglaube heraus. Geräumt? Ja, vielleicht gestern mal. Aber komfortable zu fahren? Definitiv nicht. Wobei uns an dieser Stelle der Vergleich zu den Vorjahren fehlt. Da muss es sich ja noch weitaus abenteuerlicher zugetragen haben.

Ausrutscher links und rechts. Gab es jetzt auch. Aber alles machbar. Es ist natürlich auch immer ein Stück Glück dabei. Selbst den Besten passiert mal ein Missgeschick was speziell jetzt sofort in der Schneewand endet. Keine große Kaltumformung, aber eine heftige Beule in der Ergebnis-Tabelle ist das Resultat mit Langzeitwirkung. Aus unserer Sicht war es wirklich die anspruchsvollste Sonderprüfung, die wir dieses Jahr miterleben durften.

Der Tag trudelte dann so etwas lieblos vor sich hin. Tolle Strecken, aber auch etwas von Kilometer-Fresserei. Die Absage einer weiteren Sonderprüfung aufgrund von Schlechtwetter gehörte schon irgendwie dazu. Dennoch ein guter und auch sonniger Rallye-Tag.

Jetzt ist es, ähm…, warte, mmmhhhh, Dienstag. Genau. Tag 4. Krass! Wir sind vor 4 Tagen gestartet?! Wahnsinn! Heute geht es endlich nach Monaco. Und abends dann noch die Nacht. DIE Nacht! Die, der langen Messer. Kurzum: Ein eisiger Morgen mit sehr rutschiger ersten Prüfung. Einige Ausfälle, einer auf’m Dach gelandet (nix passiert), typische “Monte-Prüfung” mit schnellen Passagen. ZR12. Die hat richtig Spaß gemacht. Verclause nach Laborel. Stellenweise vom Samstag aus der Gegenrichtung bekannt. Diesmal alles trocken. Und sonnig. Links, rechts, links, links, rechts. Schwung, und Druck, und Schwung und ahhhhhhhhhh. Was ist das? Keine Ahnung wie und wo und was. Aber er kam aus dem nichts, Rolf künstelte und schwänzelte wie ein Irrer und er verschwand auch wieder im nichts. Der Familien-Volvo-Kombi in der Gegenrichtung. Puhh. Keine Zeit zum heulen. Weiter geht’s.

Dann weiter zur 13. Wir können den Hafen von Monaco schon fast sehen und riechen. Also auf. Fürst Albert II wartet sicher schon ungeduldig. Wir werden aber im Mietwagen anreisen. Nach Kilometer 4 dann die riesen Enttäuschung. Ein Motorgeräusch, was selbst der ahnungslose Beifahrer als “nicht serienmäßig” einstuft. Da standen wir nun. Auf einem sonnigen Flecken mitten in der Schleife um den Ort Entrevaux, ca. 1 Stunde vor Monaco. Wunderschöne Prüfung. Der Gruppen-Chat verhieß eine schöne Aufgabe. Aber naja. Wie sich später herausstellen sollte war es eine verloren gegangene Schraube aus dem Luftfilterkasten, die wohl irgendjemanden besuchen gehen wollte und erst am Einlassventil an der Weiterreise gehindert wurde.

Sehr, sehr, sehr schade. Wir waren gut drauf und dran.  Aber steckt man nicht drin.

Also: Abschlepper und weg. Und auf nach Monaco. Endlich.

Die Nacht fällt für uns anders aus als gedacht: im Hotelzimmer. Der überschwängliche Gruppen-Chat ist nur schwer zu ertragen. Es ist selbstredend DAS Highlight der gesamten Rallye. Col de Turini. Bei Nacht. Start im 30 Sekunden Abstand. Da geht es nochmal richtig zur Sache. Knapp 40 Kilometer. Kein Schlechtwetter-Schnitt. Wäre aber auch egal.

Die Zielankunft ab Nachts gegen 1 Uhr lassen wir uns nicht entgehen. Die Feier geht bis morgens um 4. Was für eine grandiose Stimmung. Alle Autos direkt im Hafen aufgereiht. Jede Mannschaft feiert sich, die anderen, die Rallye! Einzigartig. Man könnte alleine Stunden damit verbringen, das Starterfeld einfach nur anzuschauen.

Am nächsten Abend dann die Siegerehrungs-Gala. Ganz gediegen im Smoking. Gibt es andernorts auch nicht. Im Anschluss an den offiziellen Teil folgt dann die Rallye-Party des Jahres. Schlafmangel? Ach was? Man reiche mir lieber noch ein Glas Champagner.

Das war also unser Einstand bei der Historique. Fortsetzung? Sagen wir mal so: Wir haben noch eine Rechnung mit der Ziel-Rampe in Monaco zu begleichen.
……

Danke Fabian für den Bericht !!!