Historischer Bericht von Hermann Bongen zur Hunsrück-Rallye 1977

Hunsrück-Rallye, DEUTSCHLAND-Rallye 1977

Der dritte Europameisterschaftslauf in diesem Jahr in Deutschland hatte ein Rekordnennungsergebnis zu verzeichnen: 265 Teams hatten ihre Nennungen abgegeben.

Für uns fing der Ärger schon vor der Veranstaltung an: Gemäß der Ausschreibung mußten wir als 9. der Deutschen-Rallye-Meisterschaft einen Platz unter den gesetzten Fahrern bekommen.

Allerdings teilte man uns mit der Nennungsbestätigung mit wir würden die Nr, 241 bekommen. Nachdem wir mit ONS, DSK-Fahrervertretern usw, gesprochen hatten, machte der Veranstalter möglich, daß wir die Start-Nr. 63 erhielten. Eine vordere Startnummer bringt natürlich erhebliche Vorteile, so konnten wir ja fast 3 Stunden vor unserer restlichen Klasse starten.

Nur 4 von insgesamt 31 Wertungsprüfungen konnten vor der Veranstaltung abgefahren werden. Das Abfahren geht wie folgt vor sich: Man befährt die Strecke in langsamer Geschwindigkeit und diktiert seinem Beifahrer die Strecke. Nachdem man dann einen Aufschrieb erstellt hat, versucht man nach diesem Aufschrieb im FAST-Wettbewerbstempo die entsprechend Sonderprüfung zu fahren. Auf der 4, Sonderprüfung hätte es uns fast erwischt: Nach einer Kuppe kam die Ansage: 150 rechts 5, nach 250 mtr Rechtskurve Vollgas.Die Ansage war zu schnell und unser Auto hatte das Bestreben sich in den Wald zu verabschieden, Schließlich konnte ich es etwas Glück wieder einfangen und außer einigen leichten Schrammen war nichts passiert, Allerdings mußte ich mir einige liebe Worte vom guten Jupp anhören, Er hatte ja recht.

Nach diesem kurzen Training war die Zeit reif für die Abnahme. Die Abnahme passierten wir ohne Probleme und stellten dann unser Auto im parc ferme ab.

Am Start hatte sich einiges an Prominenz eingefunden: Huschke v. Hanstein, Hugo Emde, Mike Kranefuß und verschiedene andere Leute standen den Reportern des Südwestfunks in verschiedenen Interviews Rede und Antwort.

Pünktlich um 11,31 Uhr wurde die Start-Nr, 1, Walter Röhrl auf Porsche gestartet. Die ersten Sonderprüfungen die ja bekannt waren, brachten keine Sensationen.

Alles fuhr etwas verhalten, da ja nicht nur 4 sondern insgesamt 31 Wertungsprüfungen mit über 600 km bevorstanden,

Der Truppenübungsplatz Baumholder berühmt und berüchtigt durch seine Hinkelsteine (Die Steine sollen die Panzer auf der richtigen Straße halten, man kann sich also ihre Größe in etwa vorstellen) empfing die Rallyeteilnehmer am Nachmittag zum ersten Mal. Und gleich beim ersten Mal standen einigen Fahrern doch die Hinkelsteine sehr im Weg. Hatte man bis Baumholder die Fahrzeuge alle noch ohne Beulen gesehen, gab es jetzt die ersten Blessuren.

Wir hatten beim ersten größeren Baumholder-Rundkurs zwar keine Blessur,  mußten aber einen platten Reifen wechseln. Nach verschiedenen kleinen Prüfungen mußten wir zwei neue Reifen auf der Vorderachse montieren lassen. Der Granitfelsen hatte auch bei uns seine Wirkungen gezeigt. Zum Abschluß des ersten Tages hatten wir noch einmal Gelegenheit Baumholder zu sehen, 93 km war die letzte Prüfung am Freitag lang. Endgültig trennte sich hier die Spreu vom Weizen. Nach einem kurzen durchsehen stellten wir unseren AUDT 50 ab.

Pause bis Samstag 06.00 Uhr. Pünktlich um 06.00 Uhr hingen Samstagmorgen die Zwischenergebnisse aus. Wir führten mittlerweile in der Klasse mit 7 Minuten Vorsprung, und lagen insgesamt an 57. Stelle. Die Devise für uns hieß also mit 4/5 Gas fahren und das Auto heil ins Ziel bringen.

Ich fuhr auch den ganzen Tag nach dieser Devise bis zur letzten Sonderprüfung 100km Baumholder. Wir befanden uns in der ersten von 2 Runden, als plötzlich Achim Warmbold zu uns aufschloß. Bei der nächsten Gelegenheit gab ich ihm die Strecke frei, er wollte jedoch anscheinend kein Risiko eingehen und blieb zurück. Ich aber hatte Blut geleckt und fuhr wie ein Besessener. Es dauerte dann auch tatsächlich 10 km bis es Warmbold gelang auf einer langen Geraden an mir vorbeizufahren,. Anschließend durfte ich mir wieder einige Liebenswürdigkeiten von meinem Co Jupp sagen lassen, der aber auch mächtig stolz nachher darauf war, daß Warmbold so lange brauchte, um uns zu überholen.

Endlich hatten wir das Ziel der 31. Und letzten Sonderprüfung erreicht. Wir waren HAPPY und kaputt. Im Bummeltempo ping es dann zum Ziel nach Idar-Oberstein. Vor dem Merian-Hotel hatte sich eine riesige Menschenmenge versammelt, die alle ins Ziel kommenden Teams recht herzlich empfing.

Bei der Zielankunft gab es für Fahrer und Beifahrer je eine Flasche Pikkolo. Der sonst so ruhige und ausgeglichene Jupp spritzte mich mit seinem Sekt naß, allerdings musste er meine Rache hinnehmen.

Wir haben also die Hunsrück-Rallye gewonnen md zwar mit über 30min Vorsprung und waren 36. in der Gesamtwertung. Was blieb als Essenz von der Veranstaltung?
Organisation bis auf die Siegerehrung hervorragend, Strecken sehr hart aber nicht unfair. Anspruch an Fahrer und Beifahrer sehr groß, kaum Zeit zum Verschnaufen zwischen den einzelnen Prüfungen.

Der Koeffizient 1 reicht für diese Veranstaltung nicht mehr aus. Im nächsten Jahr dürfte sie sicherlich den Koeffizienten 3 oder sogar 4 haben.

Nächstes Jahr ……

Hermann Bongen