Alles ohne OBI oder was?

Alles ohne OBI oder was? (Erzählungen über das Orifahren im vorigen Jahrtausend)

Wegen Corona (das war eine Seuche Anfang der 20er Jahre dieses Jahrhunderts) war es seinerzeit auf der Internetseite der RG Oberberg sehr leer. Man fand kaum Berichte, weil gesellschaftlich zu dieser Zeit alles verboten war, und so fand motorsportlich auch nichts statt. Damals habe ich dann Berichte aus meiner motorsportlichen Anfangszeit verfasst, welche in unregelmäßigen Abständen auf der RGO-Internetseite veröffentlicht wurden. Corona ist zwar (hoffentlich) auf dem Rückmarsch, aber jetzt in der „ereignislosen Zeit“, finde ich wieder Muße, diese Berichte aus meiner „Jugendzeit“ weiter fortzusetzen. Mein letzter Bericht war vom 24. Februar 2022, also vor gut zwei Jahren, dies kann man alles auf unserer RG-Oberberg-Seite nachlesen. Sollte man machen, damit man in das heute geschriebene wieder reinkommt.

Ende Februar erhielt ich einen Anruf…..

Fast genauso habe ich mit meinem vorigen Bericht begonnen, und wieder war es jemand, über den ich in meiner Abhandlung „Die OBI Jahre Teil 3“ geschrieben habe. Am anderen Ende der Leitung war Bernd vom Brocke, der mit ausschlaggebend dafür war, dass Hans Georg Salewski und meine Wenigkeit 1982 die WestOM gegründet haben. Bernd konnte sich noch genau daran erinnern, wo wir einst das „Gründungsvorgespräch“ geführt hatten. Es war bei der Siegerehrung beim „Bettenheinz“ (auf gut deutsch Heinz Bette) in Fort Fun, der seinerzeit Fahrtleiter bei der Ori des MSG Valmetal war und immer noch in diesem Club aktiv ist. Bernd selbst ist (war) Mitglied im OC Schalksmühle, welcher sich leider im Februar 2022 wegen des Todes des ersten Vorsitzenden Klaus Erbstösser und wegen akuter Überalterung der verbliebenen Clubmitglieder aufgelöst hat.

Auch bei der RGO kam vor einigen Jahren mal die Angst auf, dass wir „Vergreisen“ würden und was wir dagegen unternehmen könnten. Wie man sieht, ist dies aber bei vielen Vereinen der Fall und wir stehen eigentlich noch recht gut da, wir haben noch reichlich Clubmitglieder, welche dass vierzigste Lebensjahr noch nicht erreicht haben, unser zweiter Vorsitzender z.B. zählt noch gerade 30 Lenze.

Bei Motorsportvereinen geht es eigentlich noch, ganz schlimm ist dies bei Männergesangvereinen. Dort würden wir RGO-Vorstandsmitglieder (Dieter Jäkel, Manfred Adolfs und meine Wenigkeit) sogar den Altersdurchschnitt noch gewaltig nach unten drücken können!

Aber wieder zurück zum Motorsport und zu den alten Geschichten. Wir waren raus bei OBI und wir mussten jetzt unsere Einsätze ab sofort wieder selber finanzieren. Das Auto war jetzt wieder „nackt“ und sowohl seiner Zusatzscheinwerfer sowie auch des alten Nummernschildes beraubt. Dies hatte seinen Grund wegen einer Rallye in den Wülfrather Kalksteinbrüchen, wo einer der damals zahlreichen Wuppertaler Motorsportclubs veranstaltete. Wir waren mit unserem Bianchi dabei. Wir, das waren dieses Mal ich als Fahrer und Jörg Kemper als Co, weil er selbst zu der Zeit kein fahrbereites Rallyeauto zur Verfügung hatte.

Wer schon einmal in den Kalksteinbrüchen gefahren ist, weiß, dass dort gefährlich tiefe Baggerlöcher zu finden sind. Während der Fahrt bemerke ich sowas nie, schließlich muss ich auf die Strecke achten. Und wenn auf der Ideallinie Moniereisenstangen mit Flatterband die Fahrspur eingrenzen, kam es schon mal vor, dass ich mir die Idealstrecke verbreiterte, wenn es Sinn ergab. So auch hier, eine Eisenstange stand etwas weit in der Strecke, und „peng“ flog sie weg. Die Kurve passte jetzt viel besser, sie war jetzt fast eine „5“ (heißt: Vollgas) oder zumindest eine „4“. Nach der WP fragte mich Jörg dann, warum ich so „geschnibbelt“ habe und ob ich keine Augen für „dahinter“ hatte. Naja, du schnibbelst doch auch, sagte ich. „Aber nicht, wenn es hinter der Stange gute fünf Meter in die Tiefe ginge und dort unten ein mit Wasser gefülltes Baggerloch wäre“, meinte er. Für mich als Nichtschwimmer hätte das böse ausgehen können, aber wir blieben ja (noch) auf der Strecke.

Apropos Idealstrecke: Ich bin mal mit Georg Salewski als Co auf dem Truppenübungsplatz Buschmühle in Aachen-Münsterbusch gefahren. Im Augenwinkel bemerkte ich, dass knapp neben der Strecke ein großer Karton, umwickelt mit Flatterband lag, den ich fast touchiert hatte. Naja, dachte ich, vielleicht wurde der Karton über etwas gestülpt, was nicht entfernt werden konnte und die Pappe sollte nur warnen. Seltsamer weise veränderte sich Georgs Tonlage ab jetzt beim Aufschrieb vorlesen, ich dachte mir aber nichts dabei. Nach der WP wurde ich zunächst mal zusammengeschissen, weil ich so nah an dem großen Betonklotz vorbei gerast sei, ich hätte schon etwas mehr Abstandhalten sollen, zumindest, wo der auch noch auf seiner Seite lag. Als Betonklotz hatte ich diesen Flatterbandträger nicht angesehen, hat der Klotz nochmal Glück gehabt 😉

Nun aber wieder zum Steinbruch in Wülfrath. Wir fuhren jetzt die dritte oder vierte WP und es dämmerte schon tüchtig. Vor mir sah ich im Scheinwerferlicht eine mehrere hundert Meter lange Gerade, die laut Fahrtunterlagen mit einer „rechts eins“ endete. Im Scheinwerferlicht konnte ich gerade noch bis dorthin sehen (Damals hatten wir noch keine LED-“Blender“). Wir fuhren auf eine Felswand zu, an deren Fuß die „rechts eins“ zu liegen schien. Vor dieser Kehre sah man im Scheinwerferlicht eine Bodenwelle, vor der ich mit dem Einbremsen beginnen musste. Dass es sich um zwei hintereinander liegende Bodenwellen handelte, bemerkten wir erst, als es zu spät war. Bei der ersten Welle hob ich ab, weil ich die Bremse wieder lösen musste, bei der zweiten schlug der Bianchi mit blockierten Vorderrädern ein, schließlich musste ich mit dem noch viel zu hohen Tempo runter. Der Bremsweg aus schätzungsweise Einhundert km/h lag irgendwo bei zehn Metern, hinten ging der Wagen hoch, wir schlugen mit den Helmen unter das Fahrzeugdach und am Armaturenbrett gingen alle Lampen an. Ich wusste gar nicht, dass mein Auto so viele Leuchten hatte.

Das erste Mal habe ich bewusst meine Hosenträgergurte verspürt und der Helm hatte auch erstmals eine Funktion. Erstaunlicherweise sprang der Autobianchi aber wieder an, als ich den Anlasser betätigte, der Wagen ließ sich auch fahren und lenken, aber irgendwie anders als vorher. Irgendwas schliff an den Vorderreifen und die Spur hatte sich so verstellt, dass ich auch auf Geraden immer nachkorrigieren musste, er versetzte hinten immer und wir fuhren mehrspurig. Wir sind tatsächlich noch ins Ziel gekommen, aber mit einer scheiß Gesamtzeit. Naja, Hauptsache, wir hatten alle Knochen heil. Seit diesem Crash waren meine Zusatzscheinwerfer Schrott (wir sind mit der Fahrzeugschnauze aufgeschlagen) und das Nummernschild fehlte, wir haben es auch nicht mehr wiedergefunden.

Wenn man die Fotos (Autobianchi mit OBI Werbung und ohne OBI Werbung) vergleicht, bemerkt man auch, dass der linke Außenspiegel nicht mehr Original ist, den fuhr ich mal auf einer WP in einer Linkskurve !!! an einem Telegrafenmast ab, weil er auf meiner Ideallinie stand, auch vor großen Hindernissen kannte ich seinerzeit keinen Respekt!

Zu der Zeit fuhren wir vom AC Solingen auch alljährlich zur Hunsrückrallye, als diese noch nicht Deutschlandrallye hieß. Wir fanden sie deutlich interessanter als in späteren Zeiten. Wir zelteten irgendwo nahe der Strecke ohne Bett und Badezimmer, die allmorgendliche Toilette fand in der großen weiten Welt hinter dem Zelt statt.

Ich erinnere mich noch gut an die Anfahrt zur ersten Hunsrück über die Autobahn Richtung Idar-Oberstein, als wir mit unserem Fiat 124 Coupe, welcher jetzt wieder als Privatwagen fungierte, zu Viert und mit Vollgas auf einem leichten Gefällestück Richtung Süden fuhren. Ich war ganz stolz, dass mein Fiat knappe 190 schaffte, er hatte 118 PS und alle im Auto waren happy. Unbegreiflich für uns alle sahen wir plötzlich, wie ein ganz normaler Opel Rekord A mit einigen fröhlich winkenden Kindern locker an uns vorbeizog, der nicht aufgemotzt und zudem mit schmalen 165er Reifen ausgestattet war. Lange Zeit habe ich nicht begriffen, was mir da widerfahren ist, bis in meiner Nachbarschaft jemand genau diesen Opel mit Sechszylinderkapitänmotor sein Eigen nannte, auf dessen Tachometer als letzte Zahl eine große „240“ prangte. Genau so einem Auto mussten wir seinerzeit begegnet sein, meine kleine Welt wurde wieder gerade gerückt.

Wieder zurück zur Rallye. Morgens um 8 Uhr standen wir an der WP Maiwald, von unserem Zeltplatz mussten wir nur die Straße überqueren, rund 200 Meter zu Fuß gehen und schon standen wir an der WP. Es war wichtig, früh dort zu sein, denn nur dann sah man die besten Zehn der Weltspitze. Röhrl kam zuerst, kurz drauf Blomquist, Waldegard und Vartanen, um nur einige zu nennen, alle sauschnell und sehr quer! Nachdem diese Stars hier durch waren, wusste ich, dass ich in meinem Leben nie richtig Autofahren lernen würde! Nach den ersten 20 Teilnehmern kam viel Leerlauf, nur noch wenige waren richtig gut. Das änderte sich mit den späteren Startnummern, als die weit über 100 Teilnehmer des Opel Kadett Cups aufschlugen. Hier wurde wieder richtig gekämpft und jeder Zuschauer kannte einige der Driver persönlich.

So zum Beispiel das stark ramponierte Kadett Coupe, der Fahrer kam aus Leichlingen, meinem Wohnort. Oder der weiße Kadett, den ich unbedingt quer auf dem Foto haben wollte. Dieser kam mit Vollgas die lange Schottergerade runter und bekam die letzten 100 Meter seinen Opel nicht mehr in den Griff, dort von wo aus ich das Foto machte, saßen und standen einige Dutzend Zuschauer, die letzten vor mir sieht man auf dem Foto noch aufspringen. Als ich die Kamera runternahm, befand sich der weiße Kadett knappe 20 Meter von mir weg, jetzt anders rum quer als auf dem Bild und ich sah keine Chance mehr für mich – er musste mich treffen. Ein Hechtsprung (damals konnte ich das noch)! Ich wollte ja alle umlaufen, die vermeintlich hinter mir standen und saßen.  Aber die anderen Leute hinter mir waren schon weg, ich fiel der Länge nach hin. Mit der Vorderachse tauchte der Kadett in einen Graben ab und drehte sich zu meinem Glück in die andere Richtung, er flog haarscharf an mir vorbei. Von da an wusste ich, was eine Sicherheitszone war und dass man diese auch möglichst einhalten sollte. Ich habe nie mehr zu nahe an einer Strecke gestanden!

Im selben Jahr besuchten wir auch die WP bei der Kapelle Erzweiler, seinerzeit waren dort außer uns nur wenige andere, die sich dort hin verirrten, wir waren praktisch die „Entdecker“ dieser WP. Jahre später, nachdem die „Hunsrück“ jetzt Deutschlandrallye hieß, waren wir noch einmal dort. Es fanden sich jetzt hier gut tausend Leute ein, man musste schon einen knappen Kilometer vorher parken. Das war nicht mehr schön, ich besuchte auch nie mehr diese Rallye. Nachdem sie „Deutschland“ hieß, war das Urtümliche weg, es war einfach zu viel los, wir wollten Erzweiler wie früher in Erinnerung behalten.

Übrigens die kleinere Frau auf dem Foto ist Karola, der schlanke junge Mann vorne ist Georg Salewski, die rothaarige Frau ist die Mutter von unserem Marco Hackenberg, der Mann, von dem man nur die Haare sieht, ist Hackis Vater Klaus. Besser zu sehen ist er auf dem nächsten Bild:

Es ist der Mann im Mittelgrund mit der freien Nierengegend. Auch Klaus wurde damals – wie später sein Sohn Marko – schon „Hacki“ genannt. Klaus fuhr seine Ories mit einem DAF, weil er nach einem schweren Unfall mit seinem Ascona einen schwerwiegenden Hüftschaden davontrug und nicht mehr kuppeln konnte. Er war in einer viel zu schnell gefahrenen Kurve unter einen Betonmischer geraten, es hieß, dieser solle sogar ein verbogenes Chassis davongetragen haben. Ganz vorne auf diesem Foto ist Peter Maresch zu sehen, der heute noch die Auswertung der WestOM vornimmt.

Hacki Senior startete zu dieser Zeit einmal bei der Ori Altenkirchen, eine sehr „berüchtigte“ Fahrt, die fast nur im Wald und im Dunkeln stattfand. Bei solch einer Ori fiel Hacki aus und musste nach Wermelskirchen abgeschleppt werden, weil niemand von uns mit einem Hänger dort war. Das BMW 2002Ti-Team Birker/Teegarten aus Solingen opferte sich als Schlepper. Klaus Hackenberg erzählte später auf dem Clubabend des AC Solingen, dass sein DAF noch nie so schnell war wie in der besagten Nacht. Auf der Autobahn soll das Gespann gut 160 km/h draufgehabt haben. Auf der Bundesstraße von Altenkirchen Richtung Hennef fuhren Karola und ich mit unserem Simca Rallye 2 hinter dem BMW geführten Gespann her, wir hielten kaum mit. In den schnellen Kurven der B 8 versetzte der DAF derart nach außen, dass es von hinten den Anschein hatte, Hacki wolle den BMW mit 120 überholen. Dabei wollte Günter Birker nur zeitig nach Hause kommen!

Ab Mitte der 80er Jahre fuhr ich keine Rallyes mehr, ich war jetzt Vater geworden und Karola sah das Rallyefahren als zu gefährlich an. Mit gleichgesinnten aus meinen Motorsportclubs besuchte ich dann nur noch Rallyeveranstaltungen.

Neben der Hunsrück war es hauptsächlich die damals sehr bekannte und interessante Hessenrallye, auch hier fuhren viele deutsche und ausländische Stars wie Walter Röhrl, Michelle Mouton, Jocki Kleint, Erwin Weber, Achim Warmbold oder der Haider Sepp, um nur einige zu nennen. Schwerpunkt der damaligen Rallye war das Truppenübungsgelände Schwarzenborn, es war damals im Motorsport so bekannt wie Baumholder für die Hunsrück. Auf dem Übungsgelände konnte auch (illegal) gezeltet werden, so wachte man morgens sofort an der Strecke auf. Dort, wo wir zelteten, gab es einen spektakulären Sprunghügel mit Wasserdurchfahrt, nicht alle Rallyeautos schafften diese Stelle und fielen dort aus, manche wurden aber auch sofort wieder flott gemacht. Am Abend der ersten Übernachtung fuhren wir mit unseren Autos auch über diesen Sprunghügel. Alle unsere Autos haben übrigens überlebt!

Damals war ich mehrere Jahre mit meinem Schwager Harry und Freund Günter da, mit denen ich immer noch Kontakte pflege. Harry fuhr einen nagelneuen Manta B, er hatte schon seine Zeltgarnitur in seinem neuen Auto, bevor Günter und ich unser Gepäck einluden und zustiegen. Auf der Hinfahrt zur Hessenrallye regnete es fürchterlich, auch damals gab es schon sintflutartige Unwetter. Drei Stunden später, als wir in Schwarzenborn aufschlugen, stand das Wasser gut 10 Zentimeter hoch im Kofferraum. Günter und ich hatten Glück, unsere Zelte und Schlafsäcke lagen oben und blieben trocken. Harry schlief in der folgenden Nacht nicht wirklich gut, ich glaube, er übernachtete gezwungener maßen in seinem Manta. Später, nach vielen vergeblichen Anläufen wurde in der Werkstatt seines Vertrauens das Leck lokalisiert. Ein Mitarbeiter des Opelhändlers legte sich mit einer Taschenlampe bewaffnet in den Kofferraum und mittels eines Wasserstrahls, der das gesamte Heck abspritzte, entdeckte man, dass es zwischen der Gummidichtung der Heckscheibe und dem Heckfensterrahmen einen Ritz gab, der das Wasser ungehindert einschießen ließ. Sowas gibt es übrigens heute immer noch, der Citroen C 1 meines ältesten Sohnes lässt über die Rücklichtdichtung auch gelegentlich Wasser in das Auto einströmen.

Wie gesagt, zelteten wir auf dem WP-Gelände, also auf dem Truppenübungsplatz Schwarzenborn. Dort in der Nähe gab es auch einen Ort, der dem Übungsplatz seinen Namen gab. Am späten Abend fuhren wir in dieses Nest, das sogar einen Gasthof hatte, um zu Abend zu essen. Es war schon dunkel draußen und drinnen befanden sich ein gutes Dutzend Tische, welche -wie in einem Western- alle mit spärlich leuchtenden Lampen, welche knapp über den Tischen hingen, erhellt wurden. In den Lichtkegeln sahen wir einige Einheimische, welche sich in der verräucherten Bude zu uns wandten, um zu sehen, wer sich denn hierhin verirrt hatte. Auch die Unterhaltungen wurden kurzzeitig eingestellt. Da wir aber unbewaffnet waren, normalisierte sich die Situation alsbald wieder (So etwas ist mir auch vor 3 Jahren in Agathaberg widerfahren, aber dazu komme ich später).

Freund Günter hatte schon immer die Angewohnheit, seine Mahlzeiten, ohne vorher zu kosten, kräftig nachzusalzen. Seine Pommes mit 3 Spiegeleiern wurden auch dieser Prozedur unterzogen, alles schmeckte so, wie er es immer gewohnt war, also gut gewürzt. Da wir alle sehr zufrieden mit dem Lokal und auch der Kost waren (Es gab aber auch nur dieses eine Haus), fuhren wir am darauffolgenden Abend wieder dorthin. Selber Tisch, selbe Bestellung, selbe Prozedur. Nur eins war anders: Günter schimpfte wie ein Rohrspatz über das total versalzene Abendessen. Bevor er reklamieren konnte, bemerkte die Wirtin erfreut, dass sie die Spiegeleier kräftig gesalzen habe, schließlich möge er es ja so. Scheinbar verirrten sich dorthin wohl so selten auswärtige Gäste, dass ein nachgesalzenes Essen bei der Wirtsfrau einen so nachhaltigen Eindruck hinterließ. Wir anderen jedenfalls hatten unseren Spaß.

In der heutigen Zeit ist es ja meist so, dass man in die Medien nur ein äußerst eingeschränktes Vertrauen hat. Dass dies auch vor 40 Jahren schon so war, zeigte sich bei der damaligen Hessenrallye. Jochen, einer unserer Gruppe, wurde bei der Rallye vom hessischen Fernsehen interviewt. Jochem wurde schon immer wegen seiner Figur „Buddha“ genannt, was er später aber nicht mehr so gerne hörte, weil er eine politische Karriere anstrebte. Also dieser Buddha sollte etwas Nettes zu der Rallye sagen. Er war glücklich, dass er endlich mal das sagen durfte, was er immer gerne wollte und dass ausgerechnet er diese Chance bekam.

Er monierte, dass sich, so wie in früheren Jahren, keine deutschen Fahrzeughersteller aktiv an der Hessenrallye beteiligten. Alles sei in ausländischer Hand, kein Opel, kein Ford, kein VW und erst recht kein Porsche würde direkt von den Werken unterstützt. Nur private Leute förderten diese Rallyeteams, ohne private Geldgeber funktioniere hier nichts. Daraufhin sagte der Regisseur nur den Satz „genau das will ich nicht hören“ und lies die Kamera abschalten. Spätestens seit dieser Zeit glaube ich nichts mehr, was ich im öffentlich-rechtlichen deutschen Fernsehen zu sehen und zu hören bekomme, geschweige denn bei den privaten Bezahlsendern! 😉

Um noch mal auf Agathaberg zurück zu kommen. Vor zwei Jahren halfen Adrian und ich freitags vor der Fahrt beim Baumaffen aufhängen für unsere Motoclassic, eine Orientierungsfahrt für Motorräder. Nachdem alles hing, gingen wir beide in das einzige Agathaberger Lokal, (welches es heute auch schon nicht mehr gibt), um noch eine Kleinigkeit zu uns zu nehmen. An der Theke saß ein gutes halbes Dutzend durstige Einheimische, welche sich offensichtlich ihr Pils gut schmecken ließen. Unverzüglich wurde es still im Lokal, alle Köpfe drehten sich zu uns. Da ich direkt zur Toilette ging, gingen alle Köpfe mit. Danach schauten wieder alle zu Adrian, um zu sehen, ob von ihm eine latente Gefahr ausgehen könnte. Da dieser aber ruhig sitzen blieb und auch sonst nicht verdächtig war, bewegten sich alle wieder mit ihrem Blick Richtung Wirt und tranken ihr Bier weiter. Also nicht nur im tiefsten Hessen, sondern auch im Oberbergischen erheischt man Aufmerksamkeit, wenn man als Fremder die Weltordnung aus den Fugen heben will.

 

Für heute ist es genug des Geschriebenen, irgendwann werde ich die lockere Reihe aber fortsetzen.

 

Bis dann und Servus,

Rainer Witte

 

Alle Berichte im Überblick:
-Nr. 1 – Die motorsportarme Zeit…

-Nr. 2 – Rainers Geschichtsstunde – Teil 2: Die späten 70er Jahre

-Nr. 3 – The Trip of the 5 sections

-Nr. 4 – Geschichten über uns & andere Motorsportbegeisterte

-Nr. 5 – Endlich deutscher Meister!

-Nr. 6 – Die OBI-Jahre Teil 1

-Nr. 7 – Die OBI-Jahre Teil 2

-Nr. 8 – Die OBI-Jahre Teil 3